Fast jeder Kreditvertrag ist widerrufbar
Der EuGH hat mit seiner Entscheidung vom 09.09.2021 seine bisherige Rechtsprechung bestätigt! Nun ist fast jeder Kreditvertrag widerrufbar!
Inhaltsverzeichnis
Nach der neuesten Entscheidung des EuGH vom 09.09.2021 sind fast alle Kreditverträge widerrufbar – auch noch nach vielen Jahren!
Der EuGH entschied am 09.09.2021, dass viele Darlehensverträge für Verbraucher zu kompliziert und damit rechtswidrig sind. Das Gericht stellte dabei nochmals klar, dass ein Durchschnittsverbraucher der keine Fachkenntnisse im Finanzbereich hat, leicht erkennen muss, wie hoch bspw. eine Vorfälligkeitsentschädigung ist. Auch muss leicht erkennbar sein, wann man aus einem Darlehensvertrag aussteigen kann.
Das oberste europäische Gericht stellte zudem fest, dass Darlehensverträge auch noch nach vielen Jahren widerrufen werden können. Es bemängelte dabei, dass viele Formulierungen in Kreditverträgen nur für Experten geschrieben sind. Verbraucher können nicht erkennen, wann die Widerrufsfrist beginnt oder abläuft. Folglich kann die gesetzliche Widerrufsfrist auch nicht zu laufen beginnen, was einen Widerruf auch noch nach vielen Jahren ermöglicht.
Das kann vor allem dann interessant sein, wenn die Kreditzinsen zum damaligen Zeitpunkt sehr hoch waren und bei einem neuen Vertrag bessere Konditionen zu erwarten sind. Oder sich die Lebensumstände geändert haben und man nicht mehr an Altlasten gebunden sein will.
Mit Urteil vom 26.03.2020 entschied der EuGH, dass eine Vielzahl von Darlehensverträgen eine falsche Widerrufsbelehrung aufweisen. Der EuGH hat in einem Verfahren zwischen einem Verbraucher und einer Sparkasse (Kreissparkasse Saarlouis) entschieden, dass die von der Sparkasse im Darlehensvertrag verwendete Widerrufsbelehrung gegen EU-Richtlinien verstößt und damit fehlerhaft ist. Im Speziellen wurde gerügt, dass die Angabe, wann die 14-tägige Widerrufsfrist für den Verbraucher zu laufen beginnt, nicht in klarer, prägnanter Form angegeben wurde. Dies verstößt gegen Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG. Der Verstoß führt dazu, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, die Widerrufsfrist damit noch nicht zu laufen begonnen hat und damit auch aktuell ein Widerruf noch möglich ist.
EuGH Widerruf Urteil
Die Beklagte Sparkasse hat in dem Darlehensvertrag folgende fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet:
„Widerrufsrecht
Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“
Mit dem Widerrufsjoker können Sie einen Immobilienkredit vorzeitig abbezahlen ohne dafür eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zu zahlen.
Kredithöhe | 300.000 € |
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Abschlussjahr | 2011 |
Restlaufzeit | 5 Jahre |
Ersparnis | 47.592 €* |
Nutzen Sie alle rechtlichen Möglichkeiten um Ihren teuren Autokredit oder Ihr Privat-Leasing zu stoppen. Das Beste: Sie können Ihr Auto an die Bank zurückgeben und alle bisher gezahlten Raten sowie die Anzahlung zurückfordern.
Kaufpreis | 30.000 € |
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Kaufdatum | 01.05.2014 |
Bereits bezahlt | 17.400 € |
Sie erhalten zurück | 16.800 €* |
Diese Klausel wird von sehr vielen Banken und Sparkassen verwendet. So verwendet beispielsweise auch die Sparkasse Regensburg oder die Audi-Bank eine solche Klausel.
Sollte also auch Ihre Immobilienfinanzierung, der Pkw-Leasing oder Finanzierungsvertrag eine solche Klausel zur Widerrufsfrist enthalten, kontaktieren Sie zur weiteren Prüfung einen hierfür spezialisierten Rechtsanwalt/Fachanwalt.
Konkret rügte der EuGH, dass es für den Verbraucher nicht erkennbar sei, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne. Denn hierfür muss sich der Verbraucher einen Überblick verschaffen, ob er die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Allerdings hilft dem Verbraucher ein Blick in § 492 Abs. 2 BGB dabei allein nicht weiter, da diese Vorschrift auf weitere Vorschriften außerhalb des BGB verweist, namentlich auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB. Sofern der Verbraucher diese Vorschriften finden (und auch verstehen) konnte, wird er jedoch feststellen müssen, dass in diesen Vorschriften wiederum auf Vorschriften des BGB verwiesen wird – eine sog. „Kaskadenverweisung“.
Der EuGH hat nun hierzu festgestellt, dass bei einer solchen undurchsichtigen Verweisungskette es für den Verbraucher nicht ersichtlich sei, wann nun tatsächlich alle Pflichtangaben erfüllt sind und somit die 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Es reicht daher nach dem EuGH nicht aus, in der Widerrufsbelehrung auf Rechtsvorschriften, die die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festlegen, zu verweisen. In der Folge liegt also keine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers entsprechend der EU-Richtlinie vor, welche eine klare und prägnante Form erfordert.
Sollten Sie Fragen zu der genannten EuGH Entscheidung haben, so steht Ihnen hierfür Rechtsanwalt Gabler, Rechtsanwalt Hendel sowie Rechtsanwalt Kaltenegger an unseren Standorten in Regensburg und Landshut persönlich, im Übrigen gerne auch telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.
Die Rechtsanwaltskanzlei Gabler & Hendel hat sich auf die erfolgreiche Durchsetzung von Verbraucherrechten spezialisiert. Unsere im Verbraucherschutzrecht erfahrenen Rechtsanwälte klären Sie über die wichtigsten Punkte auf:
Der Widerruf des Darlehensvertrags ist unter Umständen auch noch nach Ablauf der grundsätzlich 14-tägigen Widerrufsfrist möglich, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist (sog. Widerrufsjoker).
Der Widerruf eines Kredits erspart z.B. die Vorfälligkeitsentschädigung. Sofern bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt wurde, kann diese unter Umständen wieder von der Bank zurückgefordert werden. Denn bei Widerruf hat die Bank keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Zugleich ergeben sich als weiterer Vorteil bei noch nicht abgelösten Darlehen durch den Widerruf Möglichkeiten, mit der Bank in Verhandlungen über neue Konditionen zu treten. Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen lassen sich so oftmals viele tausende Euros sparen. Sie können also günstig „umschulden“.
Sie erhalten von uns eine kostenlose Ersteinschätzung zur Prüfung Ihres Darlehensvertrags. Sofern wir dabei zu dem Ergebnis kommen, dass Ihr Kredit/Darlehensvertrag noch widerrufen werden kann, klären wir Sie transparent und offen über mögliche Kostenrisiken auf. Sofern Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernimmt diese in der Regel die Kosten für Ihre rechtliche Vertretung. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass die Rechtsschutzversicherung bereits bei Abschluss des Darlehensvertrages bestanden hat.
Sofern das Kreditinstitut/die Bank den Widerruf nicht akzeptiert und die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden muss, so trägt im Erfolgsfall das Kreditinstitut/die Bank Ihre Kosten.
Sollte bei Ihrem Darlehensvertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung festgestellt werden und Sie aus diesem Grund widerrufen können, so sollten Sie nicht zu lange warten. So können z.B. Banken nun fehlerhafte Widerrufsbelehrungen „nachbessern“, in dem die vom EuGH entschiedene Fehlerhaftigkeit nachträglich behoben wird.