Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sorgt für erhebliche Unruhe in der Immobilienbranche und stärkt die Rechte von Immobilienkäufern massiv. Wer als Makler seine digitalen Prozesse nicht exakt an den gesetzlichen Vorgaben ausrichtet, riskiert den vollständigen Verlust seines Provisionsanspruchs. Im Zentrum der Entscheidung steht die sogenannte „Button-Lösung“ und die Frage, wann ein Klick im Internet tatsächlich Geld kostet.
In seiner Entscheidung vom 9. Oktober 2025 (Az. I ZR 159/24) hat der I. Zivilsenat grundlegende Fragen zur Wirksamkeit von Maklerverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr geklärt. Das Urteil ist dogmatisch anspruchsvoll und hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis.
Der Fall: „Senden“ ist nicht „Kaufen“
Dem Rechtsstreit lag ein klassischer digitaler Anbahnungsprozess zugrunde. Ein Interessent erhielt von einer Maklerin per E-Mail einen Link zu einem Web-Exposé. Um Zugriff zu erhalten, musste er auf einer Webseite bestätigen, die Widerrufsbelehrung erhalten zu haben, und anschließend eine Schaltfläche betätigen. Diese war schlicht mit dem Wort „Senden“ beschriftet.
Der Interessent kaufte später das Haus, verweigerte jedoch die Zahlung der Provision. Zu Recht, wie der BGH nun bestätigte. Die Karlsruher Richter stellten klar, dass die Beschriftung „Senden“ den strengen Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB nicht genügt. Diese Vorschrift verlangt, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, sich zu einer Zahlung zu verpflichten – etwa durch die Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“.
Die dogmatische Schärfe: Endgültige Nichtigkeit statt Schwebezustand
Das Besondere an diesem Urteil ist nicht allein die Bestätigung der Formvorschriften, sondern die drastische Rechtsfolge, die der BGH hieraus ableitet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz führt ein Verstoß gegen die „Button-Lösung“ nicht lediglich zu einer schwebenden Unwirksamkeit, die durch späteres Verhalten geheilt werden könnte.
Der Vertrag ist vielmehr endgültig unwirksam. Der BGH begründet dies mit dem Schutzzweck der Norm: Der Verbraucher soll vor der übereilten Eingehung finanzieller Verpflichtungen im Internet geschützt werden. Eine nur schwebende Unwirksamkeit würde diesen Schutz aufweichen.
Keine Heilung durch schlüssiges Verhalten
Für die Praxis bedeutet dies: Ein Makler kann einen formunwirksamen Online-Vertragsabschluss nicht dadurch „retten“, dass er für den Kunden tätig wird und dieser die Dienste annimmt.
Im entschiedenen Fall hatte der Kunde nach dem Klick auf den falschen Button durchaus Interesse gezeigt, einen Besichtigungstermin vereinbart und weitere Informationen angefordert. Das Oberlandesgericht wertete dies noch als konkludente Bestätigung des Vertrages. Der BGH erteilte dieser Ansicht eine klare Absage.
Der Ausweg: Die ausdrückliche Bestätigung
Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen – also der Button falsch beschriftet –, lässt das Gesetz nur einen schmalen Pfad zur Rettung des Provisionsanspruchs offen. Der unwirksame Vertrag kann gemäß § 141 Abs. 1 BGB durch eine Neuvornahme bestätigt werden.
Doch Vorsicht: Der BGH stellt klar, dass auch diese Bestätigung den strengen Transparenzanforderungen genügen muss. Um Umgehungen zu vermeiden, muss der Verbraucher erneut ausdrücklich und unter Wahrung der Formvorgaben bestätigen, dass er eine Zahlungspflicht eingeht. Ein beiläufiges „Okay“ per E-Mail oder am Telefon genügt nicht.
Auch kein Wertersatz
Besonders bitter für Makler: Scheitert der vertragliche Anspruch an der falschen Button-Beschriftung, gibt es keinen „Plan B“. Der BGH schließt auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (Wertersatz für die geleistete Arbeit) kategorisch aus. Würde man dem Makler auf diesem Weg einen Zahlungsanspruch gewähren, würde man den Sanktionscharakter des Verbraucherschutzrechts aushöhlen.
Fazit für Käufer und Immobilienprofis
Dieses Urteil (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2025 – I ZR 159/24) ist eine Zäsur für den elektronischen Geschäftsverkehr im Immobilienrecht.
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Für Immobilienkäufer: Sollten Sie nach einem Online-Vertragsschluss zur Kasse gebeten werden, lohnt sich eine genaue Prüfung des digitalen Bestellvorgangs. War der „Kaufen“-Button nicht eindeutig beschriftet, besteht unter Umständen keine Zahlungspflicht – selbst wenn die Maklerleistung erbracht wurde.
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Für Immobilienmakler: Überprüfen Sie umgehend Ihre Webseiten und Maklersoftware. Begriffe wie „Senden“, „Bestätigen“ oder „Weiter“ sind im Kontext von Vertragsschlüssen hochriskant. Sorgen Sie für rechtssichere Prozesse, die den Anforderungen der „Button-Lösung“ zweifelsfrei entsprechen.


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